Es ist “rattenkalt”. Wer draußen arbeitet, hat die dicksten Wintersachen an – oder friert. Aber das echte Problem für den Obstbauern sind die Nächte. Hier droht Frost – Blütenfrost! Und der kann die erwartete Ernte in einer Nacht vernichten. Denn aus einer erfrorenen Blüte kann keine Frucht mehr enstehen und neue Blüten kommen auch nicht mehr nach.
Also heißt es rechtzeitig Gegenmaßnahmen erreichen. Und so ziehen wir jeden Nachmittag Vlies über die gefährdeten Felder. Dadurch erhöht sich die Temperatur unter dem Vlies um ca. 3°C. Das hilft schon weiter. Um die Bestäubung sicherzustellen, wird an sonnigen Tagen vormittags aber wieder aufgemacht. Bevor man am nachmittag wieder alles zuzieht … . Bei einer Fläche von momentan 10 Fußballfeldern Größe machen 6 Mitarbeiter praktisch nichts anderes mehr als Vlies zu- und aufziehen.
Wenn es in klaren Nächten am Erdboden so richtig kalt wird, reicht das Vlies alleine nicht mehr. Dann hilft nur noch eine schlägkräftige Frostschutzberegnung. Das Wasser gefriert an den Blüten und Blättern. Beim Erstarren wird die Erstarrungswärme frei. Wenn immer wieder neues Wasser versprüht wird, gefriert zunächst das neue Wasser, bevor die Temperatur des entstehenden Eises unter 0°C sinkt. Weil die Blüten erst ab -0.4°C erfrieren, bleiben sie heil, obwohl sie vom Eis (mit exakt 0.0°C) eingehüllt sind. Das funktioniert gut, allerdings nur, solange immer wieder neues Wasser kommt. Also müssen wir die ganze Zeit (die ganze Nacht) kontrollieren, denn manchmal öffnet sich eine Kupplung, ein Regner dreht nicht mehr, ein Schlauch platzt, das Ventil schaltet nicht mehr oder oder oder … . Da kommt in der Nacht gar keine Langeweile auf. Mindestens zwei Personen sind dann permanent unterwegs.
Das Foto: Zum Sonnenaufgang hat sich von der Frostschutzberegnung ein Eispanzer auf den Pflanzen gebildet. Ich habe ein Blatt gepflückt und das Erdbeerblatt vom Eis abgezogen. Zurück bleibt ein “Eisblatt” von wenigen mm Dicke mit der Struktur des Erdbeerblattes auf der Unter-/Rückseite.
Zum Sonnenaufgang haben wir meist die niedrigste Temperatur. Im Hintergrund sieht man noch die laufenden Regner. Das Foto ist reichlich unscharf, aber vielleicht waren meine Finger auch schon ziemlich kalt …